Power Road: Nachhaltige Straßen für NRW?
03. Juni 2024
Foto: Eurovia
Die Funktion einer Straße ist bislang simpel: Sie wird befahren. Doch was, wenn Straßen in Zukunft zusätzlich Teil einer nachhaltigen Energiegewinnung würden? Gerade im Sommer ist das Potenzial wortwörtlich spürbar: Die Fahrbahnbeläge heizen sich auf, tragen also Energie in sich. Wie können wir diese Energie sinnvoll nutzen?
In einem EUROVIA Forschungszentrum des französischen VINCI Konzerns wurde eine Antwort auf diese Frage entwickelt: Die Power Road . Die so genannte Plusenergiestraße ist ganz normal befahrbar, speichert aber die Wärme der Fahrbahn, die die Sonne erzeugt, und macht diese Energie nutzbar.
Der Aufbau einer Power Road erinnert ein wenig an eine Fußbodenheizung. © Foto: Eurovia
Das Rohrnetz ist bei der fertigen Power Road unter der Asphaltdecke versteckt – wie hier in Rosheim (Frankreich). © Foto: Eurovia
Wie funktioniert’s? Das System Power Road verknüpft die Straße mit bewährten Technologien wie einer thermoaktiven Fahrbahn, Geothermie und Wärmepumpen. Die Gewinnung der Wärmeenergie funktioniert mit einem Wärmetauschersystem in den oberen Fahrbahnschichten. Es besteht aus einem Rohrnetz, das in die Fahrbahn integriert wird. Die gewonnene Wärmeenergie kann nun direkt oder indirekt genutzt werden, das heißt entweder sofort weitergegeben oder mittels Erdwärme gespeichert werden. Für letzteres wird ein geothermisches Sondenfeld installiert. Klingt kompliziert? Ist aber super sinnvoll.
Über ein Wärmepumpensystem kann die Energie nämlich dann in benachbarten Gebäuden und Infrastrukturen zum Einsatz kommen – und zwar Sommer wie Winter. So schafft die Power Road ein Heizungssystem, das unabhängig von fossilen Energieträgern ist, somit also CO2 -Emissionen einspart und Energiekosten reduziert.
Im Sommer Die solare Wärmeenergie aus der Fahrbahn kann mithilfe einer Wärmepumpe zum Beispiel Freibäder beheizen. Gleichzeitig lassen sich städtische Wärmeinseln abbauen, da die Wärme gesammelt und gespeichert wird. So kann die Oberfläche abkühlen.
Im Winter Mit der gespeicherten Wärmeenergie kann die Straße aufgewärmt und so von Schnee und Eis befreit werden. Dadurch wird im Winterdienst nicht mehr so viel Streusalz gebraucht. Gleichzeitig können mit der Wärmeenergie Gebäude beheizt werden.
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Schwimmbäder
Wird auf dem Schwimmbad-Parkplatz das Power Road-System eingebaut, also ein Wärmetauscher in die Straße integriert und durch Wärmepumpen unterstützt, kann ein Teil des Heizbedarfs der Schwimmbecken gedeckt werden.
Neubaugebiete
Konstante Energieversorgung eines gesamten Neubaugebiets ist möglich mit der Power Road. Werden beispielsweise 1000 m² Power Road gebaut, können 20 Einfamilienhäuser à 120 m² beheizt und mit Warmwasser versorgt werden.
Flughäfen
Wird die Power Road im Rollweg oder Vorfeld integriert, kann die Oberflächentemperatur im Winter erhöht werden. Das hilft bei der Enteisung und gegen Schnee, schützt die Infrastruktur vor Schäden und sorgt für reibungslosen Flugbetrieb.
Stadtzentren
Die Power Road reguliert die Temperatur der Fahrbahnoberfläche, sodass diese im Winter eisfrei ist und im Sommer städtische Wärmeinseln reduziert.
Einkaufszentren
Auf den Parkplätzen gewonnene Energie wird zum Heizen genutzt. Gleichzeitig kann diese im Winter zur Schneeräumung verwendet werden.
Ökologisch gedacht Die Power Road wird hauptsächlich in neue Fahrbahnen integriert . Gleichzeitig kann das System aber auch in bestehenden Straßen aufgebaut werden, wo die Deckschicht sowieso erneuert wird. Bestehende Straßen sollen allerdings nicht einfach aufgerissen werden, nur um das System einzubauen. Dieser Umbau würde zu viel Energie verbrauchen und im Gegensatz zum nachhaltigen Ansatz stehen.
Das macht die Power Road so besonders
Innovativ: Die Power Road „verwertet“ bisher ungenutzte Wärmeenergie. Dafür verknüpft sie bewährte Technologien – ein integriertes Wärmetauschersystem, Tiefenbohrungen zur Speicherung der Solarwärme und eine Wärmepumpe – zu einem innovativen Gesamtkonzept. Nachhaltig: Durch die Nutzung von Erd- und Sonnenenergie wird der Gebrauch von fossilen Energien und somit auch der Ausstoß von Treibhausgasen reduziert. Durch das Abkühlen der Fahrbahn im Sommer können die umliegenden Gebäude bei der Klimatisierung Energie sparen. Stattdessen wird diese gespeichert und im Winter zum Heizen genutzt. Lokal: Die erneuerbare Energie wird direkt vor Ort erzeugt und ist Teil eines lokalen Nahversorgungssystems.
Erfolgreich im Einsatz In Frankreich wird die Power Road an verschiedenen Standorten schon genutzt, um beispielsweise Schwimmbecken zu erwärmen. Aber auch in Köln und Aachen ist die Plusenergiestraße bereits im Einsatz. In Köln wird eine Straße auf dem duraBASt-Gelände, einem Forschungsprojekt der Bundesanstalt für Straßenwesen, temperiert. In Aachen wird ein Laborraum der RWTH Aachen beheizt sowie eine Fahrbahn enteist. Mit der Hochschule besteht außerdem ein enger Austausch, denn vor Ort wird am Konzept weitergeforscht und -entwickelt .
Natürlich wollen wir unsere Innovation in so viel Projekten wie möglich in Deutschland umsetzen. Spannend sind für uns vor allem Projekte, bei denen nachhaltige Heizungssysteme für Wohn- und Bürogebäude angedacht sind. Wir sind zum Beispiel davon überzeugt, dass Power Road einen festen Bestandteil der kommunalen Wärmeplanung darstellen kann. Sie ist sofort einsatzbereit und hat sich bewährt.
Emilie Lebel
Product Managerin, VINCI Construction Shared Services GmbH
Info
Ausgezeichnet!
Die positiven Ergebnisse bleiben nicht unbeachtet: Das Projekt sicherte sich beim Mobilitätspreis.NRW 2023 den zweiten Platz.
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