6 Re­de­wen­dun­gen, die ihren Ur­sprung im ÖPNV haben

Alle nut­zen sie, aber kaum je­mand kennt den Ur­sprung all­täg­li­cher Re­de­wen­dun­gen. Wir er­klä­ren dir den Öffi-​Bezug – damit du nicht nur Bahn­hof ver­stehst!

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1. Ein alter Mann (oder eine alte Frau) ist doch kein D-Zug!

Mit die­ser Aus­sa­ge si­gna­li­siert man scherz­haft, dass eine Si­tua­ti­on zu schnell oder stres­sig wird – al­ters­be­dingt. Aber was genau ist ei­gent­lich ein D-Zug? Knapp 100 Jahre bis in die frü­hen 1990er Jahre tru­gen Schnell­zü­ge der Deut­schen Bahn und ihrer Vor­läu­fer ein D vor ihrer Zug­num­mer. Dann wur­den sie wei­test­ge­hend durch Inter-​ oder Eu­ro­Ci­ties und In­ter­Re­gi­os er­setzt. Doch warum spre­chen wir dann nicht vom S-Zug? D-Zug steht für Durch­gangs­zug, des­sen Neue­rung war: Man kann von Wagon zu Wagon gehen. Diese Züge gal­ten bei ihrer Ein­füh­rung als be­son­ders si­cher – und vor allem schnell!

2. Ich ver­ste­he nur Bahn­hof

Wer etwas so gar nicht ver­steht, oder nicht ver­ste­hen will, der ver­steht nur Bahn­hof. Der Ur­sprung der Re­de­wen­dung ist nicht si­cher ge­klärt. Wahr­schein­lich ist aber, dass sie aus der Zeit des Ers­ten Welt­kriegs stammt. Für er­schöpf­te Sol­da­ten wur­den alle Ge­sprächs­the­men ne­ben­säch­lich und sie woll­ten am liebs­ten nichts mehr hören – außer dem Wort Bahn­hof. Denn das hätte die Ent­las­sung und die an­schlie­ßen­de Heim­fahrt mit dem Zug be­deu­tet.

3. Die Rote La­ter­ne

Sport-​Fans hof­fen, dass ihre Mann­schaft nie­mals die Rote La­ter­ne be­kommt. So wird näm­lich der letz­te Platz einer Ta­bel­le ge­nannt, zum Bei­spiel in der Bun­des­li­ga. Auch die­ser Be­griff hat sei­nen Ur­sprung auf der Schie­ne: näm­lich bei den Rück­lich­tern eines Zuges, dem Zug­schluss­si­gnal. Heute sind es meist Lam­pen, frü­her hin­gen dort rote La­ter­nen. Üb­ri­gens: Auch bei der Tour de France gibt es die „La­ter­ne Rouge“ – im Ge­gen­satz zu an­de­ren Sport­events hat die­ser Platz hier aber Kult­sta­tus und ist heiß um­kämpft.

Fun Fact

Re­de­wen­dun­gen sind Ver­bin­dun­gen von Wör­tern, die in ihrer Be­deu­tung über die ihrer ein­zel­nen Be­stand­tei­le hin­aus­ge­hen. Es gibt sogar eine Dis­zi­plin in der Sprach­wis­sen­schaft, die sich in­ten­siv mit der Er­for­schung von Re­de­wen­dun­gen be­fasst! Sie heißt Phra­seo­lo­gie.

4. Es ist höchs­te Ei­sen­bahn!

Jetzt aber fix! Wenn die Zeit so rich­tig drängt, dann ist es höchs­te Ei­sen­bahn. Die Re­de­wen­dung stammt aus einem Thea­ter­stück aus dem Jahr 1847. Der Ber­li­ner Schrift­stel­ler Adolf Glaß­bren­ner schrieb in „Ein Hei­rats­an­trag in der Nie­der­wall­stra­ße“ über den dau­er­zer­streu­ten Brief­trä­ger Bor­ni­ke, der beim Spre­chen stän­dig Dinge durch­ein­an­der­wirft. Wäh­rend eines Be­suchs bei sei­nen zu­künf­ti­gen Schwie­ger­el­tern fällt ihm auf, dass seine Post längst mit dem Zug an­ge­kom­men ist. Er springt auf und ver­ab­schie­det sich in Ber­li­ner Dia­lekt: „Es ist die al­ler­höchs­te Ei­sen­bahn, die Zeit is schon vor drei Stun­den an­je­kom­men!“

5. Eine Schip­pe drauf­le­gen

Da geht noch mehr! Wer seine Leis­tung noch etwas stei­gern will, der muss eine Schip­pe drauf­le­gen. Auch die­ser Be­griff stammt ver­mut­lich aus der Welt der Ei­sen­bahn. Ge­nau­er ge­sagt aus der Zeit, als die meis­ten Lo­ko­mo­ti­ven nicht durch Strom oder Die­sel an­ge­trie­ben wur­den – son­dern mit Kohle und ähn­li­chen Brenn­stof­fen. Diese wur­den mit Schau­feln aus den Vor­rats­be­häl­tern ent­nom­men und ver­brannt. Woll­te man die Leis­tung der Dampf­lok er­hö­hen? Dann muss­te man wei­ter­schau­feln, also (min­des­tens) eine Schip­pe drauf­le­gen.

6. Wo ist der Bus?

Die wahr­schein­lich jüngs­te Re­de­wen­dung mit ÖPNV-​Bezug! Je­mand wird beim Er­zäh­len un­ter­bro­chen mit der Frage, wo denn der Bus sei. Auf die ver­dutz­te Rück­fra­ge, wel­cher Bus genau ge­meint sei, wird prä­zi­siert: Der Bus mit den Leu­ten, die das in­ter­es­siert. „Wo ist der Bus?“ steht also sar­kas­tisch für ab­so­lu­tes Des­in­ter­es­se. Der ge­naue Ur­sprung ist un­klar, aber immer mehr Men­schen ver­ste­hen, was damit ge­meint ist – und spä­tes­tens jetzt auch du!