Was­ser­stoff: Der An­trieb der Zu­kunft?

Der neu­es­te Trend, um kli­ma­neu­tral mobil zu sein: Das Land Nordrhein-​Westfalen möch­te 500 H2-​Busse bis zum Jahr 2025 auf die Stra­ßen schi­cken.

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Lesezeit 6 Mi­nu­ten

Was­ser­stoff ist der­zeit ein ab­so­lu­tes Trend­the­ma in vie­len Be­rei­chen der In­dus­trie und Wirt­schaft. Doch nicht al­lein für die En­er­gie­wen­de wird die Nut­zung von Was­ser­stoff ent­schei­dend sein – auch in Sa­chen Mo­bi­li­täts­wen­de spielt das Ele­ment eine wich­ti­ge Rolle.

Was ist Was­ser­stoff?

Was­ser­stoff/H2 ist das am häu­figs­ten auf­tre­ten­de Ele­ment des Uni­ver­sums – und ist bei­na­he in allen or­ga­ni­schen Ver­bin­dun­gen und Mi­ne­ra­len ent­hal­ten. Die be­kann­tes­te Ver­bin­dung, die alle ken­nen, ist die mit Sau­er­stoff (O2) zu Was­ser (H2O).

Wie ent­steht Was­ser­stoff?

Was­ser­stoff lässt sich als En­er­gie­trä­ger zur Spei­che­rung, zum Trans­port und zur Um­wand­lung von Was­ser, Strom und Wärme, bei­spiels­wei­se durch eine um­ge­kehr­te Elek­tro­ly­se mit­hil­fe einer Brenn­stoff­zel­le, ein­set­zen. Da das Ele­ment aber nicht in rei­ner Form, son­dern nur als Ver­bin­dung auf­tritt, muss es mit Hilfe von En­er­gie ab­ge­spal­tet wer­den, z. B. aus den Stof­fen Was­ser, Erdöl oder Erd­gas. Dazu gibt es di­ver­se che­mi­sche Ver­fah­ren: Elek­tro­ly­se, Re­for­mie­rung oder Me­than­py­ro­ly­se.

Wie kann das also aus­se­hen?

Was­ser­stoff kann als Treib­stoff für Fahr­zeu­ge ge­nutzt wer­den– wie zum Bei­spiel bei Brenn­stoff­zel­len­bus­sen (oder Was­ser­stoff­bus­sen). Dort wird elek­tri­sche En­er­gie aus Was­ser­stoff er­zeugt. Somit wer­den Luft­ver­schmut­zun­gen und Treib­haus­gas­emis­sio­nen deut­lich re­du­ziert, große Reich­wei­ten sowie kür­ze­re Be­tan­kungs­zei­ten er­mög­licht. Diese ist – zu­min­dest zeit­lich be­trach­tet – ver­gleich­bar mit der eines Die­sel­bus­ses und somit schnel­ler als das Auf­la­den einer Bat­te­rie, die – je nach Bat­te­rie­art und La­de­tech­nik – ggf. über Nacht im Depot ge­la­den wer­den muss. Bei den Wir­kungs­gra­den („Well-​to-wheel“) schnei­det wie­der­um der E-Bus etwas bes­ser ab. Der Weg des Stroms, der aus der La­de­sta­ti­on in den Bus über­tra­gen wird, ist ef­fi­zi­en­ter und geht mit einem ge­rin­gen En­er­gie­ver­lust ein­her. Durch die etwas auf­wän­di­ge­re Pro­duk­ti­on von Was­ser­stoff, der erst durch Elek­tro­ly­se ent­steht, dann in die Brenn­stoff­zel­le über­tra­gen und erst dort zu Strom um­ge­wan­delt wird, sind Was­ser­stoff­bus­se in der Hin­sicht in­ef­fi­zi­en­ter.

Es gibt ver­schie­de­ne For­men der Was­ser­stoff­bus­se. Die Rhein­bahn hat erst im Ok­to­ber 2023 zehn neue – kom­plett elek­tri­sche – Busse be­stellt. In­ner­halb von 15 Mi­nu­ten kön­nen diese mit 35 Ki­lo­gramm Was­ser­stoff be­füllt wer­den und etwa 310 Ki­lo­me­ter weit fah­ren.

NRW-​Städte stei­gen auf neue Mo­bi­li­tät um

Die Stadt Düs­sel­dorf ist al­ler­dings nicht die ein­zi­ge, die in Was­ser­stoff die Zu­kunft der Mo­bi­li­tät sieht. Die Re­gio­nal­ver­kehr Köln GmbH setzt be­reits seit 2011 Was­ser­stoff be­trie­be­ne Brennstoffzellen-​Hybridbusse im Li­ni­en­ver­kehr bei­spiels­wei­se in Hürth und Brühl ein. Neben der An­schaf­fung von neuen Bus­sen war die Er­rich­tung von zwei Wasserstoff-​Tankstellen es­sen­zi­ell, um dem Ziel eines emis­si­ons­frei­en Nah­ver­kehrs nä­her­zu­kom­men. Zudem ko­ope­rier­te die RVK mehr­fach mit den Wup­per­ta­ler Stadt­wer­ken und be­stell­te ins­ge­samt 35 Wasserstoff-​ bzw. Brennstoffzellen-​Hybrid-Busse ver­schie­de­ner An­bie­ter, die seit ei­ni­gen Jah­ren in Wup­per­tal im Ein­satz sind. 

Im Ruhr­ge­biet wird eben­falls um­ge­stellt. Die Duis­bur­ger Ver­kehrs­ge­sell­schaft AG plant ab dem Jahr 2030 emis­si­ons­frei in der Stadt mobil zu sein und damit die ge­sam­te Dieselbus-​Flotte aus­zu­tau­schen. Die ers­ten Busse wur­den im Som­mer 2023 be­stellt. Mit der ers­ten Lie­fe­rung ist bis Ende 2024 zu rech­nen.

Bunt?

Far­ben­fro­her Was­ser­stoff – grün, blau, grau und noch mehr. Was­ser­stoff wird oft­mals in einer be­stimm­ten Farbe be­schrie­ben, ob­wohl es ei­gent­lich farb­los ist.

Wir er­klä­ren dir die wich­tigs­ten Be­deu­tun­gen:

Grü­ner Was­ser­stoff: Ist kli­ma­neu­tral und stößt kein CO2 aus. Die En­er­gie zur Her­stel­lung wird aus er­neu­er­ba­ren En­er­gie­quel­len ge­won­nen.

Blau­er Was­ser­stoff: Ent­steht aus der Dampf­re­du­zie­rung von Erd­gas, so­dass CO2 ge­bil­det wird, wel­ches un­ter­ir­disch ge­spei­chert wird. Blau­er Was­ser­stoff gilt als die wirt­schaft­lichs­te Her­stel­lungs­form.

Grau­er Was­ser­stoff: Ist nicht kli­ma­neu­tral und be­las­tet die Um­welt. Die En­er­gie zur Her­stel­lung wird aus fos­si­len En­er­gie­quel­len ge­won­nen.

Auch die Schie­ne wird grün 

Nicht nur auf den Stra­ßen will NRW vor­an­ge­hen, son­dern auch auf der Schie­ne. Ganz vorne mit dabei: die Krei­se Düren und Eus­kir­chen. Mit über 81 Mil­lio­nen Euro För­de­rung sol­len 17 Was­ser­stoff­zü­ge an­ge­schafft wer­den. Ab 2026 soll es los­ge­hen. Dann sind auch wei­te­re Was­ser­stoff­bus­se und -​tankstellen ge­plant.

Vor­tei­le

  • Sau­ber­keit: Wenn Was­ser­stoff aus er­neu­er­ba­rer En­er­gie her­ge­stellt wird, ist er CO2-​neutral. Und aus dem Aus­puff kommt aus­schließ­lich Was­ser als Ab­fall­pro­dukt.
  • Ef­fi­zi­enz: Hö­he­rer Wir­kungs­grad und somit (en­er­gie)ef­fi­zi­en­ter als Ver­bren­nungs­mo­to­ren.
  • „Leich­te“ Ver­füg­bar­keit: Es ist eines der am häu­figs­ten vor­kom­men­den Ele­men­te auf die­ser Welt, je­doch nicht in rei­ner Form.
  • Schnel­lig­keit: Wasserstoff-​Brennzellen kön­nen in we­ni­ger als fünf Mi­nu­ten ge­la­den wer­den.
  • Un­auf­fäl­lig­keit: Sie sind lei­ser als Ver­bren­nungs­mo­to­ren und be­ein­träch­ti­gen die Optik nicht.

Nach­tei­le

  • Preis: Die Her­stel­lung ist auf­wen­dig, en­er­gie­in­ten­siv und er­for­dert spe­zi­el­le An­la­gen. Dafür sind die War­tungs­kos­ten sehr ge­ring.
  • Ef­fi­zi­enz: Bes­ser als Ver­bren­nungs­mo­to­ren, aber den­noch ein ge­rin­ge­rer Wir­kungs­grad als bei Lithium-​Ionen-Akkus.
  • We­ni­ge Tank­stel­len: Wasserstoff-​Tankstellen sind noch sel­ten, so­dass die Nut­zung noch ein­ge­schränkt ist. Das Netz wird in den kom­men­den Jah­ren wei­ter wach­sen.
  • Si­cher­heits­ri­si­ko: Leicht ent­flamm­ba­res Ma­te­ri­al, er­for­dert be­son­de­re Vor­sichts­maß­nah­men.
  • Ggf. schmut­zig: Wenn Was­ser­stoff aus fos­si­ler En­er­gie be­reit­ge­stellt wird, ist er nicht CO2-​neutral.

In wel­chen Län­dern es noch voran geht

Ka­na­da

Ka­na­da hat als ers­tes ame­ri­ka­ni­sches Land bis­her über 40 Wasserstoff-​Züge be­stellt.

USA

Die The­ma­ti­sie­rung al­ter­na­ti­ver An­trie­be ist in den USA schon des­halb sehr wich­tig, da der Groß­teil des Schie­nen­net­zes nicht elek­tri­fi­ziert ist – die Nut­zung von Wasserstoff-​ und auch Bat­te­rie­an­trie­ben ist somit un­um­gäng­lich. Des­halb hat der Bun­des­staat Ka­li­for­ni­en im Ok­to­ber 2023 bis zu 29 Züge beim Schwei­zer Her­stel­ler Stad­ler be­stellt.

Ita­li­en

Im Som­mer 2023 wur­den die ers­ten der 25 be­stell­ten Schmalspur-​Wasserstoffzüge für die Re­gio­nen Sar­di­ni­en und Ka­la­bri­en ge­lie­fert.

In­di­en

In In­di­en roll­ten die ers­ten Was­ser­stoff­zü­ge im De­zem­ber 2023 über die Schie­ne.

Saudi-​Arabien

Das Kö­nig­reich plant ak­tu­ell den ers­ten was­ser­stoff­be­trie­be­nen Zug des Nahen Os­tens - auf einer Stre­cke von zehn bis zwan­zig Ki­lo­me­tern.

Was­ser­stoff als ret­ten­de Zu­kunft? 

Der An­trieb durch Was­ser­stoff ist in jedem Fall ein Mit­tel auf dem Weg zur Mo­bi­li­täts­wen­de, um neue Per­spek­ti­ven und um­welt­scho­nen­de Mög­lich­kei­ten zu schaf­fen. Ob Batterie-​ oder Was­ser­stoff­be­trieb – die Wis­sen­schaft forscht wei­ter und lie­fert immer mehr Er­kennt­nis­se, damit es am Ende nicht eine Mus­ter­lö­sung, son­dern viele um­welt­freund­li­che An­triebs­mög­lich­kei­ten gibt.

Immer mehr Ver­kehrs­un­ter­neh­men in NRW er­set­zen die Busse ihrer Flot­ten durch Brennstoffzellen-​​ und Hybrid-​Busse. Die po­si­ti­ve Ent­wick­lung ist also sicht­bar. Die Re­gio­nal­ver­kehr Köln GmbH bleibt in Füh­rung, was die Be­schaf­fung von um­welt­freund­li­chen Fahr­zeu­gen an­geht: Dank der För­de­rung des Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­ums kann die RVK ihren Fuhr­park in den nächs­ten Jah­ren noch deut­lich er­wei­tern – mehr als 100 zu­sätz­li­che Fahr­zeu­ge sol­len die be­reits jetzt eu­ro­pa­weit größ­te Flot­te auf 160 Was­ser­stoff­bus­se er­wei­tern. Im Ruhr­ge­biet geht die Ruhr­bahn am­bi­tio­niert voran: Bis 2033 soll die ge­sam­te Bus­flot­te in Essen und Mül­heim an der Ruhr auf die neue Tech­nik um­ge­stellt wer­den – das sind 265 Fahr­zeu­ge. Auch die Düs­sel­dor­fer Rhein­bahn (20 was­ser­stoff­be­trie­be­ne Busse im Laufe des Jah­res 2024) und die west En­er­gie und Ver­kehr GmbH im Kreis Heins­berg (zwölf Brennstoffzellen-​​Hybridbusse im Herbst 2023 be­stellt) set­zen sich für kli­ma­freund­li­che En­er­gien – und somit für die Mo­bi­li­täts­wen­de – ein.