Barrierefreier ÖPNV heißt, stufenlos einsteigen zu können? Ja, aber natürlich nicht nur das, denn Barrierefreiheit ist noch viel mehr! In NRW hat etwa jeder zehnte Mensch eine Behinderung. Umso wichtiger ist es, dass Bahnhöfe, Haltestellen und die Fahrzeuge im ÖPNV für alle Bürger*innen gut nutzbar sind. Auch Fahrgäste mit Rad, Kinderwagen oder großem Gepäck sind auf barrierefreies Reisen angewiesen.
Große Ziele
Im Personenbeförderungsgesetz wurde die vollständige Barrierefreiheit im ÖPNV bis zum Jahr 2022 als bundesweites Ziel gesetzt. Dass dieses Ziel, die Infrastruktur im ÖPNV-Umfeld umfassend zu modernisieren, zu optimistisch war, ist allerdings auch Jahre später noch deutlich: Etwa zwei von drei Haltestellen sind zum Beispiel nicht gänzlich barrierefrei. Nach eigenen Schätzungen lag beispielsweise die Barrierefreiheit der Bus- und Bahnhaltestellen im VRR im Jahr 2023 bei etwa 36 Prozent und im VRS bei rund 40 Prozent. Als immer wieder auftauchende Probleme wurden unter anderem Geldmangel und fehlendes Personal genannt. Auf dem Land ist der Ausbau dabei grundsätzlich langsamer als in den Städten.
Das Land NRW hat deshalb bereits im Jahr 2019 u. a. mit drei SPNV-Zweckverbänden eine „Grundsatzvereinbarung zur Herstellung der Barrierefreiheit an allen SPNV-Stationen in NRW“ beschlossen. Das damals definierte Ziel: Bis 2030 soll 90 Prozent aller Fahrgäste ein barrierefreier Ein- und Ausstieg ermöglicht werden. Das bedeutet eine Menge Arbeit an vielen Orten, aber entsprechende Maßnahmen kommen stetig hinzu, damit folgende Bereiche deutlich verbessert werden können:
Die Verkehrsverbünde investieren viel und werden dabei vom Land NRW unterstützt. Im Jahr 2020 wurden etwa 3,4 Millionen Euro in den Ausbau von barrierefreien Bushaltestellen in verschiedenen Städten, wie Erwitte, Solingen oder Schwerte, investiert. Der VRR fördert Kommunen zusätzlich finanziell, wenn diese ihre Bushaltestellen barrierefrei aus- oder umbauen, und setzt sich für Kooperationen mit Ingenieursbüros ein, um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren.
Weitere Fördergelder durch mehrere Modernisierungsoffensiven fließen in den Ausbau von Bahnhöfen. Unter anderem sollen bis 2027 rund 52 weitere Bahnhöfe ausgebaut werden.
In vielen Städten geht der Ausbau voran
Die Ausbauquote in NRW ist sehr unterschiedlich – Städte wie Langenberg, Billerbeck und Bedburg-Hau machen es aber vor. Dort sind bereits alle Haltestellen barrierefrei. Ein Blick auf weitere positive Beispiele:
Zudem wurde an vielen Bahnhöfen, auch dank der Fördergelder, die Barrierefreiheit durch Modernisierungsarbeiten, wie der Anhebung der Bahnsteige, vorangetrieben. Diverse Shuttleangebote tragen ebenfalls dazu bei, dass mobilitätseingeschränkte Personen flexibel in der Stadt unterwegs sein können. Beispiele sind Limo in Lippe oder die WSW Cabs in Wuppertal.
Und auf dem Land?
Doch auch im ländlichen Raum wird einiges dafür getan, den Menschen, egal mit welchen Mobilitätseinschränkungen sie zu kämpfen haben, den Zugang zum ÖPNV zu garantieren. Besonders im Bereich On-Demand hat sich in den vergangenen Jahren viel getan: Die Mitnahme von Rollatoren oder nicht-motorisierten Rollstühlen ist zum Beispiel bei LOOP Münster (Münster und Umland) oder Rhesi (Neunkirchen-Seelscheid), die ihre Fahrzeuge barrierearm gestalten konnten, möglich. Das Shuttle Gütersloh bietet zur besseren Beförderung von Rollstühlen oder weiteren Gehhilfen sogar eine Auswahl in ihrem Fahrzeugangebot: Obwohl auch die „normalen” London-Taxis als barrierefrei bezeichnet werden, sind zusätzlich Sprinter-Busse im Einsatz. So können im Vorfeld angekündigte Fahrten, auf denen mehr Platz benötigt wird, komfortabler gestaltet werden. Aber auch im ländlichen Raum geht es natürlich nicht allein um die Fahrzeuge – schon die Haltestellen und Aufenthaltsorte für die Fahrgäste müssen für jeden gleichermaßen zugänglich sein. Allein im VRR sind ca. 1.500 Haltestellen für den barrierefreien Ausbau vorgemerkt oder bereits bewilligt – umfassender Fördermaßnahmen sei Dank.
Die fahrtwind-App im Kreis Unna beispielsweise sagt kurz vor dem Ausstieg an, den Halteknopf zu bedienen.
Einen ÖPNV für alle zu schaffen, ist ein ambitioniertes Ziel mit vielen Hürden. Diese wurden und werden intensiv angegangen, dennoch liegt noch viel Arbeit vor Land und Bund. Um die Barrieren in Zukunft komplett abzubauen, arbeiten Land und Verkehrsverbünde deshalb eng zusammen, um alle Menschen in NRW mobil zu machen. Um etwas Geduld kommen die Fahrgäste aber wohl nicht herum.